Das Glück der großen Dinge
Manchem Film wird durch eine unglückliche Übersetzung des Titels das Schicksal zuteil, in deutschsprachiger Synchronisation in der Versenkung zu verschwinden. Dann hat das KoKi die schöne Aufgabe, den Schatz wieder zu heben. Der Originaltitel dieses Films ist „What Maisie knew“ und damit ist gleich die Protagonistin vorgestellt: Ein sechsjähriges Mädchen, das den Trennungskrieg seiner Eltern durchlebt. Diesem modernen Thema liegt ein Roman von Henry James mit demselben Titel zugrunde, der bereits hundertzwanzig Jahre alt ist. So lange schon werden Kinder als Kuriere zwischen geschiedenen Eltern benutzt, um dem ehemals geliebten, nun gehassten Partner Botschaften zu übermitteln. Einen Film mit Kindern, zumal mit kleineren, zu drehen, ist immer eine Herausforderung, oft kommen dabei gekünstelte Tränen, gestelzte Dialoge und niedliche Bildchen heraus. Nicht so hier: Die Faszination des Films liegt in einer Kameraführung, die konsequent fünfzig Zentimeter tiefer ansetzt als normal und damit die Perspektive des Kindes einfühlbar macht. Wir dürfen ein Kind erleben, das den Eskapaden der Mutter, dem selbstgefälligen Geschäftsgebaren des Vaters mit großer äußerer Ruhe zuschaut und seinen Weg findet, zuletzt mit einer eigenmächtigen, fast als reif imponierenden Entscheidung. Es ist, und gerade deshalb ist der deutsche Titel so falsch, kein großer Film, sondern eins von den kleinen, bewegenden Filmerlebnissen, das mit großer Intensität und Dichte ein menschliches Drama zur Darstellung bringt und dabei ohne Gewalt, Sex und Gigantomanie auskommt. Ein bisschen Hollywood wird durch die prominente Besetzung mit Julianne Moore und Alexander Skarsgård garantiert.